Maßnahmen der Begabung- und Begabtenförderung

Bei der schulischen (Hoch-)Begabungs- und Begabtenförderung (HBBF) geht es im Grunde darum, wie Begabungen und Begabte unterstützt und herausgefordert werden, in dem Schüler*innen Aufgaben erhalten, die ihre Entwicklung fördert. Maßnahmen in der HBBF werden im Prinzip unterteilt in Maßnahmen, die eine frühere oder schnellere Absolvierung von Lehrplaninhalten erlauben (Akzeleration) und in jene, die Lerninhalte vertiefen oder verbreitern (Enrichment) Beide beinhalten Maßnahmen, die die betroffenen Kinder separieren, Enrichment kann jedoch auch integrativ stattfinden, indem herausfordernde Extraaufgaben oder Projekte bearbeitet werden. (Vock 2011). 

Akzeleration

Praktisch erfolgt Akzeleration, wenn ein Kind vorzeitig eingeschult wird, es eine Schulstufe in einem oder allen Gegenständen überspringt, oder in eine Lerngruppe aufgenommen wird, in der die Unterrichtsinhalte seinem Wissenstand eher entsprechen.

Akzelerationsmaßnahmen werden von den Lehrpersonen eher skeptisch gesehen, die Selektion von Kindern scheint negativ wahrgenommen zu werden. Die empirische Forschung belegt jedoch, dass sich die Leistungsentwicklung aber auch die sozial-emotionale Entwicklung akzelerierter Kinder positiv entwickelt und Akzeleration eine hohe Wirksamkeit zeigt. (Hattie 2015)

So machen wir das:

Wir schulen Kinder vorzeitig ein, wenn sie zwar noch nicht schulpflichtig sind, jedoch aufgrund ihrer Entwicklung bereits Schulreife aufweisen.

Enrichment

Zu den selektiven Maßnahmen zählen Arbeitsgemeinschaften, Kurse und Frühstudien. Empirisch belegt sind die positive Bewertung durch die teilnehmenden Schüler*innen, die positiven Effekte auf Fähigkeits- und Persönlichkeitsentwicklung und auf das Sozialverhalten. (Vock 2011)

So machen wir das:

Durch projektorientiertes Arbeiten und Arbeiten nach Plänen erhalten Kinder die Möglichkeit, sich im Klassenverband in Themengebiete und Fächer nach ihrem Interesse zu vertiefen, ohne dass sie ihre vertraute Umgebung verlassen müssen. Die Kinder haben auch Gelgenheit an verschiedenen Wettbewerben im Rahmen des Unterrichts teilzunehmen, um sich mit anderen Kindern außerhalb unserer Schule zu messen. (zum Beispiel: Känguru der Mathematik, Zeichen- und Malwettbewerbe, Sprachenwettbewerbe)

 

Selektive Maßnahmen setzen nachgewiesene Hochbegabungen voraus. Diese sind vor dem Hintergrund der genannten Begabungsmodelle und der rechtlichen Grundlagen kritisch zu betrachten. 

„Einem integrativen Begabungsfördergedanken ist der Vorzug zu geben. Der Begriff „integrativ“ wird hier im Sinne von inclusion verstanden. Viele Bausteine der Begabungsförderung eignen sich für alle Schüler*innen, besonders jene Bausteine, die auf den Prinzipien der Differenzierung und Individualisierung aufbauen; aber auch Enrichment- Angebote, die spezielle Interessen wecken bzw. entdecken helfen, eignen sich für den regulären Klassenunterricht.“ (Oswald/Weilguny 2005, S. 12)

Der Auftrag zur Begabungsförderung wird in den didaktischen Grundsätzen des Lehrplans explizit erwähnt (Wolf 2009). Im Grundsatzerlass zur Begabtenförderung wird auf den integrativen Ansatz von BBF ausdrücklich verwiesen: 

„Die hier folgenden Klärungen und Positionierungen orientieren sich am Modell einer konsequenten inneren Differenzierung und Individualisierung, wie sie in einer schüler*innenzentrierten und stärkenorientierten Lern- und Lehrkultur von Bedeutung sind. Im Sinne der Inklusion aller Schüler*innen richtet sich der Blick auf alle Lernenden mit ihren unterschiedlichen Lernvoraussetzungen. Eine inklusive Pädagogik nimmt die Unterschiedlichkeit von Kindern und Jugendlichen ernst und legt Wert auf ein Förder- und Unterstützungskontinuum, in dem jede und jeder die materiellen und personellen Hilfestellungen und Förderungen bekommt, die für eine erfolgreiche Teilnahme am Bildungsprozess erforderlich sind.“ (BMBWF Grundsatzerlass zur Begabungs- und Begabtenförderung, Rundschreiben Nr. 25/2017)

Inklusion

Der Nationale Bildungsbericht Österreich 2018 geht auf die zunehmende Heterogenität in den österreichischen Schulklassen ein. Marie-Luise Braunsteiner u.a. (2019) folgern dort aus den Forschungsergebnissen „… dass die permanente Selektion der Schüler*innen in möglichst homogene Lerngruppen kein adäquates Ziel ist. Erfolgreiches Lernen und Persönlichkeitsentwicklung ist viel stärker von der Unterrichtsqualität abhängig als von Homogenität oder Heterogenität.“ (Braunsteiner, M.-L. et al. 2019, S. 27) 

Im Bereich der HBBF lässt dies den Schluss zu, dass integrative Förderung von Begabten und Begabungen ein Ziel der inklusiven Schule ist.